Monumental und sensationell
Der Chor der Tübinger Katholischen Hochschulgemeinde kooperierte mit dem Freiburger KHG-Orchester.
Tübingen. Es war eine Premiere und gleich auf Anhieb eine so synergetische Kooperation, dass man ihr eine lange Fortdauer wünscht. Jan Stoertzenbach und sein Chor der Tübinger Katholischen Hochschulgemeinde arbeiteten dieses Semester erstmals mit ihren Kollegen vom Freiburger KHG-Orchester (Einstudierung: Leonhard Kreutzmann) zusammen. Die Aufführung von Mendelssohns Elias"-Oratorium am Sonntag vor 750 Zuhörern in der Stiftskirche war sensationell.
Als Stoertzenbach 2022 die Chorleitung übernahm, vereinte der KHG-Chor 60 Stimmen. In kurzer Zeit ist er nun auf über 110 Stimmen angewachsen. Ein mo numental großer Chorklang. frisch und klar, mit dramatischer Präsenz und zugleich immer ele ganter Tongebung. Die Dynamik stufenlos fein durchgearbeitet, erstaunlich wendig und organisch bei dieser Chorgröße. Jedes Fortissimo sofort ins Pianissimo decrescendierbar. Der Doppelchor Denn er hat seinen Engeln befohlen war überraschend zügig und rhythmisch prägnant, die gesamte zweieinhalbstündige Aufführung unter dramaturgisch straffer Spannung. Vieles hörte man am Sonntag ganz neu.
Kammerchorisch besetzt waren das klangschön reine A-cappella-Terzett Hebe deine Augen auf und das Seraphim-Quartett. Gewaltig schallte der Baals-Chor durch die Stiftskirche: Gib uns Antwort!" Zwischen den immer verzweifelteren Rufen nichts als verhallende Leere.
Chor und Orchester waren sich in der Farbgebung klangsymbiotisch einig. Archaisch wild und zerklüftet die Einleitungs-Sinfonia, mit drohendem Blech und hörbar gemachten Brüchen in der Partitur.
Grandios Bariton Uli Bützer in der Elias-Partie: eine veritable Prophetenstimme mit würdevoll majestätischem Trompetenschall im Timbre, die ganze Kirche mit ekstatischer Helligkeit erfüllend. Wutpeitschend seine Rachearie Ist nicht des Herrn Wort wie ein Feuer eine klanggewordene Flammensäule. Sagenhaft auch Dalila Djenić, ein großer, dunkler Alt: mitfühlend warm in der Engels-Partie; rückhaltloser Furor als blutdürstige Königin Isebel. Tenor Theodore Browne gefiel mit Belcanto-Schmelz und schlan kem Pianissimo. Saskia Saegelers Sopran, geschult an Alter Musik, wurde unter Druck oft recht eng und flackerte.
Wie sehr sich der KHG-Chor unter Stoertzenbachs Leitung stimmlich weiterentwickelt hat, konnte man auch am Sopran-Solo von KHG-Choristin Kathrin Erhardt hören: als Knabe, der auf dem Lettner-Ausschau hält nach den ersten Wolken des Regen-Wunders. Mit fein in der Höhe aufleuchtenden Spitzentőnen.
Achim Stricker